Das Quartär der Küste - Warum sind die Eiszeiten heute noch von Bedeutung?
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Warum entstehen Eiszeiten?

Die Ursachen für Eiszeiten sind, trotz intensiver Forschungen, noch nicht in allen Punkten klar. Aber einigen Punkte sind unstrittig, denn Vereisungen traten immer wieder in der Erdgeschichte auf. Als ein Hauptfaktor gilt heute die Variation der Erdumlaufbahn um die Sonne, die Neigung der Erdachse und die Eigenbewegung der Erde um ihre Achse. Diese rein physikalischen Parameter zeigen eine gewisse Zyklik und werden als Milankovich-Zyklen bezeichnet. Hier taucht auch schon die nächste Frage auf: Woher weiß man das? Milankovich erkannte, dass die Sonnenintensität nicht jedes Jahr gleich ist und fand eine Beziehung zur Bahn der Erde um die Sonne. Hieraus leitet er drei sich überlagernde Zyklen ab. Diese Zyklen lassen sich in unterschiedlichen klimabeeinflussten Systemen (wie z.B. Tiefseeablagerungen, eiszeitliche Seeablagerungen, Korallenwachstum) wiederfinden.

Zusätzlich zu diesen sogenannte orbitalen Parametern wurden mit der Verbesserung der Untersuchungsmethoden weitere Faktoren entdeckt. Hierzu zählen Veränderungen der Sonneneinstrahlungsintensität meist durch Einflüsse innerhalb der Atmosphäre (z.B. natürliche Treibhausgase aus Vulkanausbrüchen).

Warum ist das Wissen über die Eiszeiten so unvollständig?

Vereisungen bedeuten immer, dass sich große Eismassen über die Landoberfläche bewegen. Diese Eismassen haben für eine Landschaft eines der größten anzunehmenden Veränderungspotentiale. Wenn Eis sich über die Landoberfläche bewegt, so bleibt von der Ursprungsoberfläche meist Nichts übrig. Es verhält sich so, als ob eine Planierraupe die Vegetation einebnet, Berge abträgt und Täler verfüllt, damit nach dem Abschmelzen des Eises das nun fließende Wasser der neuen kargen Landschaft ein neues Gesicht geben kann (Abb. Periglazial à Flusslandschaft à Sander). Hier wird klar, dass die Hinterlassenschaften der einen Eiszeit durch eine nachfolgende Eiszeit meist vollständig umgegraben werden und nur in geschützten oder nicht erreichten Bereichen erhalten bleiben kann. Man könnte nun einwenden, dass eine Planierraupe ja nur an der Oberfläche wirkte, das ist richtig und hier hinkt der Vergleich. Denn die herannahenden Eismassen können durch ihr enormes Gewicht und die enormen Schmelzwassermassen den Untergrund viele hundert Meter tief beeinflussen. Auch vor dem eigentlichen Ende des Eises, der sogenannten Gletscherzunge, wird die Landschaft durch die enorme Schubkraft bis zu mehreren Zehner Kilometern in Mitleidenschaft gezogen. Dies zeigt sich in Form sogenannter Endmoränenwälle, deren Höhe und Steilheit mit der Nähe zum (ehemaligen) Eisrand zunehmen. Hieraus wird auch klar, dass im allgemeinen der Kenntnisstand über die Verbreitung einer Vereisung mit dem Alter stark abnimmt.

Was geschieht bei einer Vereisung?

Oft unterschätzt wird die Tatsache, dass zur Bildung großer Eismassen viel Wasser benötigt wird. Die Gesamtmenge des Wassers auf der Erde ist begrenzt. Wenn nun eine große Menge Wasser im Eis gebunden wird, so steht dieses dem normalen Wasserkreislauf nicht mehr zur Verfügung und der Meeresspiegel wird sich entsprechend absenken. Dieser Effekt kann dann natürlich auch fern ab der eigentlichen Vereisung beobachtet werden. Die Absenkungen betrugen für die hier betrachtetet Vereisungen bis zu 150 m unter dem heutigen Niveau, was dann zu einer entsprechenden Freilegung von Küstenbereichen führt. Hiervon kann auch in der Nordsee ausgegangen werden, so dass weite Bereiche der östlichen Nordsee während der einzelnen Vereisungen trocken waren und direkten Eiskontakt hatten.

Welche Vereisungen prägten den Norden Deutschlands und den Nordseeraum?

Norddeutschland und die Nordsee wurden durch 3 Vereisungen, besser Komplexe, wesentlich geprägt und die heutige Landschaft gebildet. Diese Vereisungen werden im Zeitalter des Pleistozäns zusammengefasst. Warum Komplex? Während einer Eiszeit ist das Klima, wie heute auch, trotzdem Schwankungen unterworfen. Es gibt Zeiten mit kälteren und wärmeren Phasen, die längerfristigen Schwankungen, als den jahreszeitlichen entsprechen. Daher geht man heute dazu über die Eiszeiten als Komplexe zu bezeichnen. Die Namen ergeben sich aus Flüssen, die den maximalen Vorstoß der Eismassen repräsentieren. Die Älteste ist der Elster-Komplex und begann vor etwa 300.000 Jahren. Dieser reicht vom Zentrum in Nordschweden, bis in die Niederlande und bedeckte die heutige Nordsee und den Küstenraum vollständig. Daher sind aus der Zeit seit dem Beginn des Pleistozäns vor 2,6 Millionen Jahren, und einer eventuell existierenden Landschaft mit ihren Klimazeugen nur an wenigen Punkten Informationen verfügbar. Nach einer kurzen Klimaerwärmung, der Holstein-Warmzeit, folgte der Saale-Komplex. Dieser hat die Ablagerungen des Elster-Komplexes im Bereich der Nordsee und der Küste größtenteils überfahren und umgearbeitet. Der Saale-Komplex selbst besteht aus mindestens 3 unabhängigen Eisvorstößen (Drenthe 1 und 2 und Warthe). Deren Reichweite nahm immer mehr ab, so dass hier der Kenntnisstand über die Klima-, Landschafts- und  Pflanzenentwicklung immer besser ist. Die Eem-Warmzeit trennt den‚ Saale-Komplex von der nachfolgen jüngste und letzten Vereisung Nordeuropas. Der Weichsel-Komplex hat in Norddeutschland die Elbe nicht überquert und so die Überlieferung und detaillierte Untersuchung der saalezeitlichen und älteren Ablagerungen erst ermöglicht.

Milankovich-Zyklen einfach erklärt
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